Leonhard Ragaz - Die Bergpredigt Jesu

Leonhard Ragaz - Die Bergpredigt Jesu

Foto Fotolia

.

Matthäus 5,5 / Matthäus 10,34

Donnerstag 7.12.2023 – Der Fokus: Matthäus 5,2-12 Die Seligpreisungen der Bergpredigt - Matthäus 5,5 / Matthäus 10,34 – Selig sind die Sanftmütigen / Jesus der Durchbrecher - Leonhard Ragaz RAGDBJ 18f

Allezeit, besonders wenn es rauen Seegang in den Beziehungen unserer Umfelder gibt, sanft und doch durchsetzungsfähig vorgehen, dass wir das verheißene Land erreichen und es in Besitz nehmen können

Der Lebensstil:

Matthäus 5,5 Wie glücklich sind die, die sich nicht selbst durchsetzen! Sie werden das Land besitzen.

Das Wort sanftmütig wird meistens weichlich verstanden, als bloßes Nachgeben, als bloßes Schweigen, Sich dreinfinden, als bloße Passivität, als bloßes Dulden, als Abwesenheit ohne Kampf für das Rechte, kurz, als unheroische, sondern auch unmännliche Sache. Damit aber wird die Art und Meinung von Jesus Christus verhängnisvoll verfälscht. Denn auf diese Weise ist Christus selbst nicht sanftmütig. Er ist ein Mann, ein Kämpfer, ein Held. Er streitet, greift an, er zürnt, er ist leidenschaftlich; er ist, wo es sein muss, scharf und hart wie ein Schwert. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Matthäus 10,34 Darum müssen wir, in seinem Geist, eine andere Übersetzung suchen, also etwa: Selig sind die Gütigen oder selig sind die Milden, vielleicht auch selig sind die Gewaltlosen. 

Man muss doch an Gandhi denken, an Tolstoi! Sind das etwa weichliche und passive Gestalten? Und gar Jesus selbst! Aber sagen wir also lieber: Selig sind die Gütigen. Diese Seligpreisung richtet sich gegen ein drittes Grundstreben der Welt, gegen die Gewalt, und geht damit auf der gleichen Linie wie die zwei ersten. Auch die Gewalt ist ein Besitz, Sie rafft Herrschaft an sich. Sie will unterjochen. Aber auch sie macht nicht froh. Kein Gewalttätiger ist je froh gewesen, weder gewalttätige Völker, noch gewalttätige Ein-

zelmenschen. Denn auch Gewalt trennt von Gott und von den Menschen. Sie will die Erde erobern und kann sie doch nicht erobern, oder doch wenigstens nicht behalten.

Sie ist in sich nichtig. Sie stürzt dahin vor dem Geiste, vor der Wahrheit, vor der Freiheit, vor dem Recht. Sie stürzt vor allem dahin vor dem Leiden um der Gerechtigkeit willen. Christus siegt, nicht Cäsar. Sein Reich behält das letzte Wort. Und mit ihm siegen alle, die seinen Weg gehen. Das Kreuz ist stärker als das Schwert, das Ohnmächtige stärker als das Mächtige, das geschlachtete Lamm ist stärker als der Löwe. Die Welt gehört zuletzt dem Geist, der Freiheit, der Wahrheit, der Liebe. Und wenn, wer Gewalt sucht, von Gott getrennt wird, so kommt umgekehrt der, welcher sich davon scheidet, zu Gott. Er wird durch Armut reich und gottselig. Auch umgekehrt: Wer zu Gott kommt, kann kein Gewalttäter mehr sein. Gewalt übt man nur, wenn man Gott nicht kennt, den Herrn, sondern meint, alles selber machen zu müssen und zu können. Wer Gott kennt, der kennt eine andere Macht und vertraut auf sie. Gewalt kann nur üben, wer Gott nicht ehrt, den Herrn, der auch der Vater ist. Darum ist die heutige Herrschaft der Gewalt ein klares und massives Zeichen der Abwesenheit aller echten Gottesfurcht wie alles echten Gottvertrauens, und alle Vergottung von Gewalttätern Götzendienst. Wer Gott ehrt, der ehrt auch das heilige Recht des Anderen, des anderen Menschen, des anderen Volkes, der anderen Rasse, der anderen Religion. Und ist darin gottselig. Leonhard Ragaz aus „Die Bergpredigt Jesu“ Seite 18 f

Foto Holgus

.

Matthäus 5,37

Montag 11.12.2023 – Der Fokus: Matthäus 5,33-37 Vom Schwören - Matthäus 5,37Die Wahrheit - Leonhard Ragaz RAGDBJ 67+71f

Wahrheit Gottes in uns aufnehmen und sie durch unser Leben – in Wort und Tat – durch Liebe immer auch vor Gott selbst ausdrücken, dann sind Aussagen authentisch wahr und können überzeugen oder entwirren

Der Lebensstil:

Matthäus 5,37 Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Alles, was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.

Es soll alles Reden ohne Ausnahme vor Gott geschehen, dem Herrn und Vater, in seiner Furcht und in seiner Liebe. Die Wahrheit ist eine unbedingte und unendliche Verpflichtung; sie ist so unbedingt und unendlich wie Gott selbst. – Es kommt in der Übung der Wahrheit nicht bloß auf das einzelne Wort und die Tat an, sondern auf die ganze Haltung und Einstellung. Wir sollen nicht nur in bestimmten Fällen die Wahrheit sagen und tun, sondern sollen wahr sein, in allem Reden und Tun. Seite 67 – Unsere ganze Existenz muss wahr sein. Wir dürfen keine unwahren, zweideutigen Situationen dulden. Die Wahrheit ist unteilbar. Sie will uns ganz, wie Gott, der die Wahrheit ist, uns ganz will. Darum dürfen wir nicht sagen, wir seien wahr, weil wir in bestimmten Fällen nicht lügen. Darum ist unsere Wahrheit nie etwas Fertiges; sie ist ein Streben, ein Trachten, ein Kampf. Damit ist aber auch alle Selbstgerechtigkeit aufgehoben; den es ist nicht möglich , das Gebot der Wahrheit ganz zu erfüllen, wir bleiben hinter der Unendlichkeit der Wahrheit immer unendlich zurück. Seite 71f von Leonhard Ragaz aus “Die Bergpredigt Jesu” Seite 67+71f

Foto Holgus

.

Matthäus 5,44-45

Mittwoch 19.2.2020 – Die Chronik: Der provozierende KönigDer Fokus: Matthäus 5,43-48 Die Liebe zu den Feinden macht vollkommenMatthäus 5,44-45Die Feindesliebe - RAGDBJ 99

Tochter und Sohn Gottes bleiben, indem wir niemandem mehr Feind oder Gegner werden, sondern im Vergeben den Segen Gottes erleben

Der Lebensstil:

Matthäus 5,44+45 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne über Bösen und Guten aufgehen und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Von einem Jünger Christi darf, ja muss Feindesliebe verlangt werden. Gott verlangt sie von dir, wenn du sein Sohn sein willst, dass du sein Sohn wirst. Es geht im Reich Gottes nicht anders. Sei sein Sohn, tue das Außerordentliche als selbstverständlich. – Höre wenigstens auf der Feind deines Feindes zu sein und warte bis der andere es auch nicht mehr ist. Wenn du es nicht mehr bist, so ist das vielleicht das Mittel dafür, dass er es auch nicht mehr sein wird. Fange du an. Du spürst den Segen dieses Anfangs als Befreiung. - Der Feind kann dir nicht schaden, wenn du ihn dir nicht schaden lässt. Er muss dir zuletzt dienen. Es muss alles gut werden. Er dachte es böse zu machen. Gott aber gedachte es gut zu machen. Denen, die Gott lieben, müssen auch Feinde zum Besten dienen. Glaube daran! Leonhard Ragaz aus „Die Bergpredigt Jesu“ Seite 99

Foto Holgus

Dienstag 26.6.2018 – Im Verborgenen mit Gott leben: Matthäus 6,1-18Matthäus 6,6RAGBEP 113 - Jesus der Leistungsverweigerer

Die Orientierung: Matthäus 6,6 Du aber, wenn du betest, geh in dein Kämmerlein und schließ deine Türe zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der ins Verborgene sieht, wird es dir vergelten öffentlich. - 

In Wirklichkeit gehört zum Zentrum des Kampfes Jesu gerade der Kampf gegen die Lohnsucht. Wohl spricht Jesus hin und wieder vom Lohn, aber es ist immer Paradoxie. Gerade an der Stelle, bei der wir jetzt sind. Denn es ist ein Lohn im „Verborgenen“, und dieser Lohn kann nach dem ganzen Zusammenhang nur Gott selbst sein, seine Billigung, sein Lob. Denn der Lohn Gottes ist – Gott selbst, ist sein Reichtum, seine Freude, seine Freiheit, während der Lohn der Religion die Welt ist. Leonhard Ragaz RAGBEP 113

Ja abba Vater, Du selbst bleibst immer im Verborgenen, deshalb können wir Dir eigentlich auch nur im Verborgenen unserer Seele begegnen. Es tut so gut sich ganz in diese Verborgenheit mit Dir zurückzuziehen. Ja das soll der Lohn meiner Wirksamkeit sein, dass Du durch deine Gegenwart bei mir bist. Was sind wir doch blind, wenn wir nur das sehen was vor Augen ist und anderen Menschen zeigen wie gut wir sind und was wir gut gemacht haben. Du sollst doch das öffentlich machen, was Gutes aus unserem Leben fließt. Bewahre Du uns im Verborgenen, in Dir, heute, morgen und öffentlich in der Ewigkeit.

Foto Fotolia

.

Montag 14.10.2019 – Die aktuelle StudieDer Fokus: Matth.6,19-21 Die besten InvestitionenMatthäus 6,19-21Sein Leben optimal investierenRAGDBJ 130

Mich unsichtbar mit Gott schmücken, um ihm zu gefallen, indem ich alles aus ihm und für ihn tue

Die Orientierung:

Matthäus 6,19-21 Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde, wo Motten und Rost sie zerfressen oder Diebe einbrechen und stehlen. Sammelt euch lieber Schätze im Himmel, wo sie weder von Motten noch von Rost zerfressen werden können und auch vor Dieben sicher sind. Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.

Die Schätze auf Erden bedeuten Macht, Ehre, Genuss, aber freilich vor allem Geld und Gut, und diese werden zum Symbol und zur Repäsentation aller anderen Güter der Welt. Die Schätze im Himmel aber sind die Güter, die Gott gibt. Denn „im Himmel“ bedeutet „bei Gott, in Gott, vor Gott2. Es ist Glaube Liebe Hoffnung; es ist Wahrheit, Freiheit, Gerechtigkeit; es ist Reichtum der Seele, Freudigkeit des Geistes; es ist Arbeit für das Reich Gottes und Frucht dieser Arbeit; es ist vor allem und in allem Gott selbst. – Zwischen diesen beiden reichen bzw. Schätzen hat der Mensch zu wählen. Wo sein Schatz ist, da ist sein Herz, das heißt, da ist sein Liebe, sein Glück, sein denken und Sinnen. Leonhard Ragaz aus „Die Bergpredigt Jesu“ Seite 130

Foto Holgus

Freitag 20.7.2018 – Lesung: Matthäus 6,19-34Matthäus 6,24 / Matthäus 19,24RAGBEP 132/133 – Die Macht des GeldesHAUSKREIS FO180719

Von der starken Anziehungskraft des Geldes, des Reichtums und Besitzes frei werden, indem wir zunehmend arm im Geist reich an Gott werden.  

Die Warnung: Mt 6,24 Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. – Weniges scheidet den Menschen stärker von Gott und damit vom Menschen als Geld und Gut, oder kürzer gesagt, als das Geld. Man kann die Stellung eines Menschen zu Gott am besten nach seiner Stellung zum Geld beurteilen: Hängt er am Geld, so ist er Gott fern, möge er noch so fromm sein; ist er frei vom Bann des Geldes, so ist er in der Nähe Gottes, möge er noch so „gottlos“ heißen oder selbst meinen, es zu sein. Denn man kann nicht Gott dienen und dem Mammon, und man kann nicht vom Mammon frei sein, ohne irgendwie Gott zu dienen. – Man kann Gott und sein Reich nicht anders haben als in der Haltung und Gesinnung der Armut, als im Hungern und Dürsten nach der Gerechtigkeit. Besitz aber macht satt. Besitz macht hochmütig. Jeder Besitz, besonders aber der von Geld. – das Geld verhärtet den Menschen gegen den Menschen. Denn wenigstes macht erfahrungsgemäß die Herzen so hart, so kalt, wie dieses harte, kalte Metall. Leonhard Ragaz RAGDBJ 132/133

Foto Fotolia

Erleichtert von Sorgen und Überforderungen leben, indem wir alles empfangen was wir brauchen und zuerst nach dem Einfluß Gottes trachten 

Mittwoch 20.2.1019 – Die Chronik: Die Passion des KönigsDer Fokus: Lukas 12,22-40Lukas 12,22+23+28RAGDBJ 140 - Die Bergpredigt: Sorgenfrei leben

Die Orientierung:

Lukas 12,22+23+28 Und er sprach zu seinen Jüngern: Darum sage ich euch, sorget euch nicht um euer Leben, was ihr essen, noch für den Leib, was ihr anziehen werdet. Das Leben ist mehr als die Speise und der Leib mehr als die Kleidung. -  Wenn aber Gott das Gras auf dem Feld, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, wieviel mehr euch, ihr Kleingläubigen!

Gott allein vertreibt die Sorge. Er steht über allen anderen Mächten. Darum brauchen wir nicht Angst zu haben. Wir brauchen uns bloß an ihn zu halten. Er allein ist der wahrhaft Unendliche. Darum haben wir in ihm die Unedlichkeit und brauchen nicht nach einer falschen Unendlichkeit zu gieren. Er ist der Herr der Welt, und darum haben wir ihm auch die Welt und brauchen ihre Schätze nicht zu begehren. Er ist der herr, und darum ist die Sorge sinnlos. Wir können mit unseren Sorgen nichts ausrichten; es hängt doch alles von ihm ab. Wir können unserem Alter keine Elle zusetzen, wir können bloß auf ihn vertrauen. Leonhard Ragaz – Die Bergpredigt Jesu Seite 40

Foto Holgus

.

Matthäus 7,12

Dienstag 9.1.2024 – Der Fokus: Matthäus 7,12-14 Die „Goldene Regel“ und die beiden Wege - Matthäus 7,12Die praktische LiebeLeonhard Ragaz RAGDBJ 173f

Uns so in unsere Mitmenschen hineinversetzen, dass wir ihre Bedürfnisse erkennen und anerkennen wie die unseren, um ihnen dann so zu begegnen, wie wir es selbst gerne annehmen können

Der Lebensstil:

Matthäus 7,12 Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch für sie! Das ist es, was Gesetz und Propheten fordern.

Dem Menschen wird hier ein sehr einfacher Maßstab für das rechte Verhalten zu den Anderen in die Hand gegeben: Beurteile und behandle die Menschen so, wie du selbst beurteilt und behandelt werden möchtest. So triffst du unfehlbar das Richtige. Du willst von ihnen heilig gehalten werden, so tue du das auch den anderen gegenüber. Du willst, dass der Andere dich versteht, versuche du selbst ihn zu verstehen. Du willst, dass der Andere gegen dich wahr und offen ist, so sei es selbst gegen ihn. Du willst das Recht haben, dein Heiligstes zu wahren: so billige es ihm auch zu. Du willst, um das Höchste zu nennen, von ihm Liebe empfangen: so gib auch du sie ihm. Kurz, alles was du für dich als recht, gut und schön empfindest: gib es auch dem Anderen. Dann wirst du nie falsch handeln. Wir müssen uns so in den anderen hineinversetzen, als wäre wir er selbst. 

Wie können wir diese Umdrehung vollziehen? Wie immer: von Gott aus, dem Herrn und Vater. Er allein kann die Herrschaft des Ich brechen und durch seine Macht und Liebe; er allein kann die egozentrische Haltung durch die heterozentrische ersetzen, indem er die theozentrische setzt, von der aus die anthropozentrische ihr Recht hat. Wenn wir Gott den Vater kennen, dann begegnet er uns selbst im Anderen, besonders im Schwachen und Geringen. Dann müssen wir uns in ihn hineinversetzen, müssen uns an seine Stelle setzen. Dann wird alles recht. Wir sind in Gott nicht getrennte und werden in ihm eine Einheit. Das ist, auf dieser Linie, die ungeheure Revolution von Jesus Christus: im Anderen Gottes Recht erkennen und achten, das Recht des Menschen, das Recht des Bruders. Das ist sein Weltrevolution. Leonhard Ragaz aus „Die Bergpredigt Jesu“ Seite 173f