Das Gebet für die Armen

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Jesus Sirach 35,16-21 / Matthäus 26,11

Montag 10.5.2021 – SONNTAG ROGATEJesus Sirach 35,16-21 / Matthäus 26,11Das diakonische Leben / Das Gebet für die Armen - Pfarrer i.R. Dr.Gerhard Schäberle-Koenig  

Die Lebensverhältnisse der Armen in unserer Stadt und auf der ganzen Welt wahrnehmen, um dann für sie vor Gott durch unser Klagen und Schreien eintreten, bis sich der Himmel für sie öffnet und es ihnen – auch durch unsere Hilfe - zunehmend besser geht 

Der Lebensstil: 

Jesus Sirach 35,16-21 Er (Gott) hilft dem Armen ohne Ansehen der Person und erhört das Gebet des Unterdrückten. Er verachtet das Flehen der Waisen nicht, noch die Witwe, wenn sie ihre Klage erhebt. Laufen ihr nicht die Tränen die Wangen hinunter, und richtet sich ihr Schreien nicht gegen den, der die Tränen fließen lässt? Wer Gott dient, den nimmt er mit Wohlgefallen an, und sein Gebet reicht bis in die Wolken. Das Gebet eines Demütigen dringt durch die Wolken, doch bis es dort ist, bleibt er ohne Trost, und er lässt nicht nach, bis der Höchste sich seiner annimmt 

„Arme habt ihr immer bei euch“, sagte Jesus (Mt 26,11). Stimmt das wirklich? Wie ist das bei uns? Manche sagen: „Armut gibt es bei uns in unserem reichen Land nicht. Und wer arm ist, ist selbst schuld.“ Wir sind auch stolz auf unsere freiheitliche Gesellschaft. „Hier wird niemand unterdrückt.“ Und „das Problem mit den Witwen und Waisen, das ist bei uns schon seit mehr als hundert Jahren gelöst, damit die nicht am Hungertuch nagen müssen.“
Ja, es ist vieles gut geregelt bei uns. Gott sei Dank. Doch wenn Jesus sagt: „Arme habt ihr immer unter euch“, dann sollten wir noch einmal unsere Brille putzen, ob da nicht ein paar blinde Flecken drauf sind.
 Wir könnten besser Bescheid wissen über Armut. Armut zeigt man lieber nicht. Arm zu sein in unserem Land, gilt als peinlich. Es sind vielleicht nur noch die Obdachlosen, die es nicht aufgegeben haben, ihre Armut zu zeigen. Viele von ihnen gehen schon gar nicht mehr auf die Ämter. Es tut ihnen nicht gut, wie sie dort behandelt werden. Nur noch wenige trauen sich, an Pfarrhäusern zu klingeln.

Gott erhört ihre Gebete? Viele derjenigen, die heute am dunklen Rand unserer Gesellschaft leben, beten nicht. Sie haben es nie gelernt. Sie sind enttäuscht und verbittert. Sie hoffen auch nicht auf Gott.
Da es nun so ist, dass diejenigen, deren Gebete Gott bevorzugt erhört, oft gar nicht beten, haben wir allen Grund zu beherzigen, was der Name dieses Sonntags uns nahelegt: „Betet!“ Betet stellvertretend für die, die keine Worte finden oder es aufgegeben haben. Wenn deren Gebete, falls sie welche hätten, durch die Wolken hindurch dringen, dann können wir doch auch darauf vertrauen, dass das, was jemand für sie betet, ebenfalls die Wolken durchdringt. Darum noch einmal: „Betet!“. Amen. Pfarrer i.R. Dr. Gerhard Schäberle-Koenigs, Bad Teinach-Zavelstein aus seiner Predigt zum Sonntag Rogate 2021